Abbaye de Gellone, St-Guilhem-le-Désert, Languedoc-Roussillon

Etwa 40 km nordwestlich von Montpellier liegt in einer schroffen Schlucht der pittoreske Ort St-Guilhem-le-Désert, der zu den "schönsten Dörfern Frankreichs" zählt und dementsprechend touristisch überlaufen ist. Die inmitten des Dorfes am Flüsschen Verdus gelegene eindrucksvolle Abtei von Saint-Guilhem-le-Désert sollte man daher besser außerhalb der Saison oder zumindest zu Beginn der Woche besuchen.
Gegründet wurde das Kloster 804 von Wilhelm (Guilhem) von Gellone (auch: von Aquitanien, von Toulouse), Enkel Karl Martells und somit auch mit Karl dem Großen verwandt. Wilhelm zog sich zu dieser Zeit nach erfolgreichen Feldzügen gegen die Mauren als einfacher Mönch in die Einöde ("désert") zurück, von Karl dem Großen mit einem Splitter vom Kreuz Christi bedacht. (Wilhelm ist übrigens identisch mit der Hauptfigur des Heldenepos "Guillaume d'Orange", Vorlage des "Willehalm" Wolframs von Eschenbach.)
Spätestens seit seiner Heiligsprechung 1066 ist die Abtei wichtige Etappe am Arles-Zweig des Jakobsweges und somit Ziel zahlreicher Pilger - auch heute noch. Das Ensemble besteht aus dreischiffiger Abteikirche mit Turm und drei Absiden, Kreuzgang, Kapitelsaal (heute Museum) und Klostergebäude. Der heutige Bauzustand geht überwiegend auf das 13. Jahrhundert zurück, Teile, darunter die Krypta, sind jedoch deutlich älter. Eindrucksvoll das im lombardischen Stil gehaltene hohe und schmale, gänzlich schmucklose Kirchenschiff. Kurioserweise befindet sich ein im Zuge der Säkularisierung nach der Französischen Revolution abgebauter Teil des Kreuzgangs heute in New York ("The Cloisters") - ein großer Verlust, der aber die magische Anziehungskraft des Ortes (zumindest bis die Reisebusse kommen) kaum zu beeinträchtigen vermag. Das Kloster wird heute von Karmelitern geführt.


Literatur: Pierre Tisset, L'abbaye de Gellone au diocèse de Lodève des origines au XIII siècle, Paris 1933 (Neuausgabe 1992).

Aufnahmen: 10/2009, © Marcus Ostermann
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